Bild Die Ausgangslage

Die Ausgangslage

Projekt zur Antibiotika-Reduktion bei Kälbern

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Die Ausgangslage

Projekt zur Antibiotika-Reduktion bei Kälbern

Die meisten Kälber benötigen Antibiotika.

Dies, weil sie viel zu jung ihren Geburtsbetrieb verlassen müssen und auf einen fremden Betrieb transportiert werden.

Im Biolandbau werden ca. 60‘000 Milchkühe gehalten. Diese bekommen jährlich ein Kalb, ohne diese Geburten geben die Kühe keine Milch. Ein Grossteil dieser Kälber werden von Bio‐Bauern, die sie nicht auf dem Betrieb behalten, in die konventionelle Mast gegeben, wo sie aufgrund des Zeitpunktes (Immunitätsloch) und der Haltungsbedingungen oft krank werden, weswegen sie systematisch und präventiv mit Antibiotika behandelt werden:

Der Verkauf der Tränkekälber findet mitten im Immunitätsloch statt, wenn die körpereigene Immunabwehr noch nicht vollständig aufgebaut ist. Der Immunitätsschutz der Muttermilch hat abgenommen und die Abwehrstoffe gegen die Keime des neuen Betriebes konnten noch nicht aufgebaut werden. Es resultiert eine Mischinfektion, die Kälber erkranken massiv an Durchfall, Kokzidien, Lungenentzündung etc. Häufig wird vorbeugend eine Antibiotika‐Einstellprophylaxe verabreicht, der Veterinär verordnet diese nach Auftreten erster Erkrankungen in einer Kälbergruppe.

Der Transport und Betriebswechsel ohne die notwendigen Abwehrstoffe setzen die Kälber zudem unter Stress. Dazu kommt, dass Kälber meistens aus zahlreichen Betrieben stammen, alle mit andern Keim‐Milieus, teilweise aus Problemställen. Transport, Betriebswechsel und Vermischen von Kälbern aus verschiedenen Betrieben mitten im Immunloch programmieren Erkrankungen vor, was den eigentlich unnötigen, überhöhten und daher problematischen Einsatz von Antibiotika auf den meist konventionellen Mastbetrieben notwendig macht. Denn es ist mitunter auch diese hohe Antibiotika-Verwendungsfrequenz, welche das Risiko von Antibiotika-Resistenzbildung, respektive die Bildung von multiresistenten Keimen fördert. Das ist hochproblematisch und wurde vom Bund und auch von der Europäischen Union als eine der grossen Gefahren für die Menschheit erkannt und es sind entsprechende Antibiotika-Reduktionsprogramme in Kraft. Für einen glaubwürdigen Biolandbau ist es nicht vertretbar, aktiv zu dieser Problematik beizutragen anstatt für bessere Systeme zu sorgen.

Dieser unnötige Einsatz von Antibiotika führt zur Entstehung von Resistenzen und gefährdet so die öffentliche Gesundheit. So sterben in Europa jedes Jahr tausende Menschen, weil Antibiotika zu wenig wirksam sind. Die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen muss daher mit hoher Priorität angegangen werden. Es muss verhindert werden, dass Infektionen nicht mehr wirksam behandelt werden können. Es muss auch verhindert werden, dass Kälbern, die an sich ein gutes Leben auf einem Bio‐Milchbetrieb und einem Bio‐Weidemastbetrieb haben können, aus rein wirtschaftlichen Gründen unnötiges Leid zugefügt wird. Der Grundgedanke des Tierschutzes ist es, dass Nutztierhaltung nur dann stattfinden kann, wenn innerhalb der Haltungssysteme die grösstmögliche Tiergesundheit angestrebt und alles nicht notwendige Leid vermieden wird. Dies stimmt mit den Grundwerten des Bio‐Landbaus überein, nicht aber mit der Realität in der Biomilchproduktion, wobei die Verantwortung gegenüber den Kälbern, die für die Milchproduktion geboren werden, nicht genügend wahrgenommen wird. In diesem Bereich des Biolandbaus ist das Tierwohl nicht ausreichend gewährleistet.

(Text Bio Luzern)